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16.05.2024 | Arbeitssicherheit | Nachrichten

Arbeitgeber gefordert

Pflegekräfte besser vor Gewalt schützen

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Gewalt gegen Pflegekräfte ist vielerorts an der Tagesordnung. Um Pflegende besser vor Übergriffen zu schützen, sind neben der Politik vor allem die Arbeitgeber gefragt.

Traurige Pflegerin © Courtney Haas / peopleimages.com / stock.adobe.comViele Pflegekräfte fühlen sich nach einem Gewaltereignis allein gelassen.

Die Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, Claudia Moll, hat zusammen mit Expertinnen und Vertretern der Berufsgruppe einen besseren Schutz des Pflegepersonals vor Übergriffen angemahnt. "Das sind wir den Pflegekräften schuldig", stellte Moll klar. Notwendig seien mehr Prävention, Aufklärung sowie Sicherheitskonzepte in den Einrichtungen. Wie das gelingen kann, wurde am 15. Mai auf einer Veranstaltung der Pflegebevollmächtigten diskutiert.

Bagatellisierung von Gewaltereignissen

Wie dringend der Handlungsbedarf ist, unterstreichen Zahlen der Pflegekammer Nordrhein-Westfalen. So erleben einer Kurzumfrage der Kammer zufolge 90 Prozent der Pflegefachpersonen Gewalt. Hierbei spielen laut Kammerpräsidentin Sandra Postel auch die Themen sexualisierte Gewalt und Diskriminierung eine Rolle. Postel betonte: „Neben der Verbesserung von Rahmenbedingungen und Strukturen müssen wir für eine Enttabuisierung des Themas sorgen.“

Wie Teilnehmende der Veranstaltung berichten, werden Gewalterfahrungen in den Einrichtungen nach wie vor häufig heruntergespielt. Die Tragweite der Problematik ist offenbar noch nicht überall angekommen. Intensivpfleger und Aktivist Ricardo Lange sagte: "Es wird leider viel zu viel bagatellisiert und schöngeredet. Viele wissen gar nicht, wie man damit umgeht: Wie wirke ich deeskalierend, wie verhalte ich mich in Gefahrensituationen und was mache ich eigentlich, wenn ich Opfer von Gewalt geworden bin?"

Arbeitgeber müssen handeln

Betroffene fühlen sich mit ihren traumatisierenden Erlebnissen allein gelassen und nicht wenige suchen die Schuld bei sich. Um dem entgegenzuwirken, müssen Pflegekräfte „empowered“ werden, so Kammerpräsidentin Postel. Die Frage sei, ob Arbeitgeber dies auch in ausreichendem Maße tun. Für Postel steht fest: „Ein Arbeitgeber, der zulässt, dass Kollegen in solchen Situationen allein gelassen werden, macht sich selbst der Gewalthandlung schuldig.“ 

Dabei sind die Folgen der Gewalterfahrungen oftmals gravierend und wirken sich auch auf die Arbeitsleistung aus, wie Claudia Vaupel von der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) berichtete. So kommt es nicht nur zu Verletzungen und körperlichen Beschwerden, sondern insbesondere auch zu psychosozialen Belastungen. Ein Herunterspielen solcher Ereignisse – auch durch Kollegen – trage zu einer weiteren Verschärfung der Problematik bei. Aber: "Gewalterleben ist kein Versagen der Pflegekräfte und keinesfalls als Teil des Jobs hinzunehmen." 

Vaupel nimmt daher insbesondere die Arbeitgeber in die Pflicht: Unternehmen seien dafür verantwortlich, Gefährdungen am Arbeitsplatz vorzubeugen und den Beschäftigten beizustehen. Notwendig sei ein systematisches Gewaltschutzkonzept, so die Expertin. Die BGW berät Einrichtungen zu Schutzkonzepten und hält Unterstützungsangebote für Betroffene bereit. 

So lassen sich mit einer systematischen Gefährdungsbeurteilung Risikobereiche identifizieren und passende technische, organisatorische oder personenbezogene Maßnahmen wie Deeskalationstrainings planen. Für Vaupel steht und fällt alles mit dem Management. „Es ist nicht die Frage, ob man das macht, sondern wie man das macht.“ (ne)

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